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Karl Frauendorfer – Tippgeber im Bereich der Versicherungsagenten

1. Aus der Rechtswelt


Bericht von Herrn Rechtsanwalt Dr. Clemens Pichler , LL.M.

Krankheitsbedingte Kündigung eines Tankstellenvertrages bei einer GmbH

Tankstellen können entweder als Einzelunternehmer oder in Form einer Gesellschaft betrieben werden. Der Vertrag mit dem Mineralölkonzern wird entweder vom Pächter persönlich abgeschlossen oder eben von der Gesellschaft. Neben unternehmerischen und steuerlichen Überlegungen spielt dabei auch das Thema Ausgleichsanspruch eine Rolle.

Bei einer Eigenkündigung verliert der Tankstellenprojekt Pächter dann nicht seinen Ausgleichsanspruch für den aufgebauten Stammkundenstock, wenn ihm die Fortsetzung seiner Tätigkeit wegen seines Alters oder wegen Krankheit oder Gebrechen nicht zugemutet werden kann.

Fraglich war bisher, ob eine solche ausgleichserhaltende Kündigung auch von einer Gesellschaft (zB GmbH) ausgesprochen werden kann. Da die Gesellschaft nicht mit dem Gesellschafter oder Geschäftsführer identisch ist, war dies lange Zeit strittig. Nunmehr liegt eine erste Entscheidung eines österreichischen Gerichts zu diesem Thema vor:

Der Alleingesellschafter und Geschäftsführer einer Ein-Personen-GmbH erkrankte an einer mittelgradig depressiven Störung (Erschöpfungsdepression). Er kündigte daraufhin den Tankstellenvertrag ohne Einhaltung der Kündigungsfrist und übergab die Tankstelle kurzfristig. Die Mineralölgesellschaft weigerte sich einen Ausgleichsanspruch zu zahlen. Die GmbH klagte daher den Ausgleichsanspruch bei Gericht ein.

Nach mehr als 6,5 Jahren Verfahrensdauer hat das das Handelsgericht Wien nunmehr den Ausgleichsanspruch infolge krankheitsbedingter Kündigung bei einer Ein-Mann-GmbH bestätigt und gab dem Klagebegehren vollinhaltlich statt. Die Entscheidung blieb von der Mineralölgesellschaft unbekämpft.

Nachdem in Deutschland bereits mehrere unterschiedliche Entscheidungen zu diesem Thema ergangen sind, dürfte dies die erste gerichtliche Entscheidung zu diesem Thema in Österreich sein. Wenngleich diese sehr pächterfreundliche Entscheidung unbekämpft blieb und damit auch noch keine Entscheidung durch den Obersten Gerichtshof (OGH) darstellt, ist dies doch ein wichtiger Markstein für alle weitere Verfahren zu diesem Thema.

Diese Entscheidung kann nicht nur herangezogen werden, wenn es um die Kündigung infolge Krankheit bei einer Gesellschaft geht, sondern eben genauso beim Kündigungsgrund des Alters.

Im Hinblick auf diese Entscheidung bleibt aber zu hoffen, dass hinkünftig Mineralölgesellschaften es gar nicht mehr auf einen solchen Prozess ankommen lassen, sondern auch in diesen Fällen den Ausgleichsanspruch des Tankstellenpächters bezahlen. Gegenständlich hätte sich die Mineralölgesellschaft viele tausende Euros an Zinsen und Verfahrenskosten sparen können, wenn sie das Bestehen des Ausgleichsanspruchs gar nicht erst bestritten hätte.

RA Dr. Clemens Pichler, LL.M.
www.tankstellenanwalt.at